PRESSESTIMMEN
evidare magazin /4/2025
by Redaktion evidare Magazin
Zwischen Funkenschlag und Feinsinn
Ein Wandpaneel aus Neusilber ist selten das Gesprächsthema bei einem Glas Riesling auf der Galerieeröffnung. Es sei denn, es stammt von ManuG. Dann entwickelt sich aus der Frage „Was ist das?“ rasch ein Gespräch über Raumgefühl, Lichtbrechung und die poetische Kraft des Metalls. In einer Welt, die gerne auf Sichtbeton, Glaswände und mathematisch korrekte LED-Spots setzt, bringt die Freiburger Künstlerin eine neue Sinnlichkeit in den Innenraum – eine, die knistert, glänzt, flimmert und manchmal auch flüstert.
Kühle Stoffe, heiße Wirkung
In einer ehemaligen Werkhalle nahe Freiburg, dort, wo man früher vielleicht Traktorteile formte, verwandelt ManuG heute schnödes Blech in feinfühlige Raumkunst. Dabei benutzt sie keine klassischen Werkzeuge der Bildhauerei – weder Hammer noch Meißel, keine Lötverbindung, keine Patina aus dem Tiegel. Stattdessen arbeitet sie direkt ins Metall hinein, formt, verzieht, verdichtet – mit einer Technik, die so speziell wie geheimnisvoll ist. Keine Fuge, kein Ansatz, kein Nachbessern. Was entsteht, ist endgültig – und eben nicht reproduzierbar.
Das Ergebnis sind metallene Landschaften, die irgendwo zwischen geologischer Formation, Stoffdraperie und Traumsequenz changieren. Strukturen, die mal organisch, mal bizarr, mal sakral anmuten. Und immer mit einem Hauch von „Das habe ich so noch nie gesehen“.
Architektur trifft Attitüde
Kein Wunder, dass Innenarchitekten, Hoteldesigner und Bauherren mit Hang zum Besonderen längst auf die Künstlerin aufmerksam geworden sind. In Zürich, Hamburg und anderswo finden sich ihre Werke inzwischen in Atrien, Empfangsbereichen und überdimensionierten Wandflächen. Statt Kunst-am-Bau gibt’s hier Kunst-im-Bau – als integralen Bestandteil der Raumarchitektur. Das Giebeldreieck einer Stadtvilla wird zur metallischen Landmarke, der Empfangstresen im Gourmetrestaurant zum haptischen Erlebnis.
Dabei ist ManuGs Ansatz kein Stilzitat, keine Retro-Chiffre oder Hommage an irgendeine Kunstepoche. Es ist eine stille, aber deutliche Kampfansage an das Dekorative, eine Absage
an das bloß Schöne. Ihre Werke behaupten sich nicht über Größe oder Opulenz, sondern durch Präsenz – und eine Wirkung, die sich erst mit dem Wandel des Lichts voll entfaltet.
Schönheit durch Irritation
Was diese Arbeiten so faszinierend macht, ist ihre Uneindeutigkeit. Wer sich ihnen nähert, sieht zuerst das Material – Aluminium, Kupfer, Zink. Doch schon im nächsten Moment scheint das Metall zu verschwinden, verdrängt durch Spiegelung, Schatten und Formspiel. Die Oberfläche wird zur Membran zwischen Realität und Imagination. Wer mit der Stirnlampe der Vernunft auf ihre Objekte leuchtet, wird enttäuscht. Wer aber bereit ist, sich auf die kleine Irritation einzulassen, entdeckt große Schönheit.
Was also ist das Geheimnis von ManuG? Vielleicht die Weigerung, sich auf ein Genre festlegen zu lassen. Ihre Arbeiten sind weder Skulptur noch Relief, weder Designstück noch Baukunst. Sie sind – wie sie selbst – ein wenig dazwischen. Und genau deshalb so spannend.
Baumetall 3/2024 (Seite 36-39)
Andreas Buck, Chefredakteur Baumetall
Giebelzauber in Badenweiler
Giebeldreieck, Tides, Titanzink
Kann Handwerk Kunst? Oder ist es vielleicht sogar umgekehrt? Manuela Geugelin hat dazu eine eigene Meinung. Die aus der BAUMETALL-Workshopreihe bekannte Bildhauerin beweist, dass Handwerk und Kunst durchaus eine Schnittmenge haben
In einer Welt, die zunehmend von industrieller Fertigung und Massenkonsum geprägt ist, stellt sich die Frage: Kann Handwerk Kunst sein? Traditionell wird unter Kunst die freie und schöpferische Gestaltung von Werken verstanden, die der ästhetischen Befriedigung oder dem Ausdruck von Ideen oder Inhalten dienen. Handwerk hingegen gilt als praktische Anwendung von Fähigkeiten und Techniken zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen oder zur Erbringung von Dienstleistungen. Doch diese scheinbar klare Grenze zwischen Kunst und Handwerk ist längst nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Wer etwa einen erfahrenen Schmied beobachtet, wie mit meisterhaftem Geschick glühendes Eisen in kunstvolle Formen gebracht wird, könnte sich durchaus folgende Fragen stellen: Ist hier mehr als nur handwerkliches Können am Werk? Und steckt in solchen Schmiedearbeiten auch ein großes Maß an Kreativität, Ausdruckskraft und individuellem Gestaltungswillen? Mit Sicherheit! Die Definition von Kunst ist jedoch nicht statisch, sondern unterliegt einem ständigen Wandel. Was früher als reines Handwerk galt, kann heute als Kunstform anerkannt sein. Die vielfältigen Art-Deco-Verzierunen, die an Möbeln und Häusern zu finden sind, verdeutlichen dies eindrucksvoll. Weitere Beispiele sind Arbeiten von Fotografen oder Designern, die lange Zeit nicht als Kunst wahrgenommen wurden. Tatsächlich haben sich in Szene gesetzte Fotografien und Designunikate erst im Laufe des 20. Jahrhunderts als eigenständige Kunstformen etabliert.
Vor diesem Hintergrund ist es also durchaus legitim, handwerkliche Fähigkeiten auch für die Erschaffung von Kunst mit einzubeziehen. Mehrere Argumente sprechen dafür:
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Handwerkliche Arbeit erfordert ein hohes Maß an Geschicklichkeit und Können, das durch jahrelange Übung und Erfahrung erworben wird.
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Ein Kunstwerk erhält mehr gestalterische Tiefe durch eine gekonnte Ausführung.
- Handwerkliche Produkte sind oft Unikate, die in ihrer individuellen Gestaltung und Ausführung einen besonderen Wert besitzen und dadurch auch einen ganz eigenen Ausdruck erhalten.
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Handwerk kann Ausdruck von kultureller Identität und Tradition sein, die ein Könner/Könnerin auch so hervorbringen kann wie er/sie es will. Durch eine gekonnte Ausführung kann das Kunstwerk auch eine authentische Sprache erhalten, die den Betrachter überzeugt.
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Handwerkliche Arbeit kann einen hohen ästhetischen Wert besitzen und zur emotionalen Ansprache beitragen.
Und wie so oft gibt es bei diesen Überlegungen auch Argumente, die gegen die Gleichsetzung von Handwerk und Kunst sprechen:
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Handwerkliche Produkte sind in der Regel funktionalen Zwecken unterworfen, während Kunstwerke frei von solchen Zwängen sein sollen.
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Der Herstellungsprozess von handwerklichen Produkten ist oft standardisiert, während der künstlerische Schaffensprozess als individuell und einzigartig und nicht vollständig vorhersehbar gilt.
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Der Wert handwerklicher Produkte wird in erster Linie durch ihre Gebrauchstauglichkeit bestimmt, während der Wert von Kunstwerken vor allem in ihrer ästhetischen Qualität und ihrem ideellen Gehalt liegt.
Kunst trifft Dachhandwerk
Die Frage nach der Verbindung von Handwerk und Kunst beflügelt die Fantasie und lädt zu neuen Entdeckungen und Herangehensweisen ein. Unbestritten ist, dass handwerkliches Fertigungsgeschick das Werk in eine neue Welt befördern kann. Die entsprechenden Übergänge sind fließend. Was weiterhelfen könnte, ist ein Gespräch mit Bildhauerin Manuela Geugelin. Aufmerksame BAUMETALL-Leser kennen die aus Freiburg stammende Künstlerin von der Berichterstattung rund um das Workshopangebot Kreative Kupferwerkstatt sowie von ihrer Liveperformance im Rahmen der Fachmesse Dach + Holz. Auf dem BAUMETALL-Messestand präsentierte die Künstlerin, wie sie aus glatten Kupfertafeln dreidimensionale Kupferobjekte formt. Ihr dazu eingesetztes Werkzeug: Der Hammer. Ihre Sicht der Dinge: Skulptural und ausdrucksstark!
BAUMETALL: Frau Geugelin, Sie haben kürzlich die Giebeldreiecke eines klassizistischen Hauses in Badenweiler mit Ihren Arbeiten bekleidet. Was war die größte Herausforderung bei diesem Projekt?
Manuela Geugelin: Die größte Herausforderung war es, dass die bildhauerisch gearbeiteten Metalldreiecke am Ende genau in die Dreiecke über den Fenstern passen. Außerdem waren die Größen der Dreiecksflächen unterschiedlich. Damit die Flächen-Reliefs perfekt abschließen, musste der Blechnermeister die gefalteten Gebilde vor Ort genau einpassen.
BAUMETALL: Wie sind Sie bei der Gestaltung vorgegangen?
Manuela Geugelin: Zuerst habe ich die Reliefs von Hand aus Titanzink geformt. Um die Oberfläche zu strukturieren wurde das Metall zuerst vielfach gefaltet. Dadurch wurde die Gesamtlänge der zugeschnittenen Tafeln um die Hälfte reduziert. Im nächsten Schritt erfolgte die künstlerische Bearbeitung. Ziel war es, die Dreiecke perfekt auszufüllen und gleichzeitig eine plastische Oberfläche mit Höhlungen und Wölbungen zu schaffen.
BAUMETALL: Welche Techniken haben Sie verwendet?
Manuela Geugelin: Ich habe mit verschiedenen Kugel-, Treib-, und Schonhämmern sowie mit anderen Spenglerwerkzeugen gearbeitet. Die Formungen entstehen durch das Stauchen und Verdichten des Blechs unter den Hammerschlägen, was im Zusammenhang mit den Einhalten der Dreieckform eine echte Herausforderung war. Es ist mir gelungen, verschiedene Strukturen und Oberflächenformen entstehen zu lassen.
BAUMETALL: Welches Ziel verfolgte der Architekt mit den künstlerischen Gestaltungen der Giebeldreiecke?
Manuela Geugelin: Der Architekt wollte die strikte Form der Bauelemente weiterführen und zusätzlich die strenge Linienführung durch Verzierungen in den Giebeldreiecken ergänzen. Die bildhauerisch gearbeiteten Metalldreiecke sollten außerdem den klassizistischen Baustil mit Vorbildern aus der Antike unterstreichen.
BAUMETALL: Inwieweit spiegeln ihre Arbeiten an den Giebeln eigene künstlerische Visionen wider?
Manuela Geugelin: Meine Arbeiten sind immer von der Suche nach neuen Formen und Strukturen geprägt. Ich experimentiere gerne mit Materialien und Techniken, um einzigartige Oberflächen und haptische Erlebnisse zu schaffen. In diesem Projekt konnte ich meine Leidenschaft für Metallgestaltung mit der Herausforderung der Giebeldreiecke verbinden. Besonders reizvoll war dabei das direkte Aufeinandertreffen meiner künstlerischen Visionen mit in klassischer Spenglertechnik hergestellten Titanzink-Arbeiten.
Fazit und einzigartige Workshop-Weiterbildungsmöglichkeit
Das Ergebnis der Zusammenarbeit von Manuela Geugelin, dem Ausführenden Fachbetrieb Blechnerei-Mai und Architekt Stefan Klöber ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Kunst, moderne Metallgestaltung und klassische Architektur harmonieren können. Die Giebeldreiecke des Hauses in Badenweiler sind nun nicht nur ein optisches Highlight, sondern zeugen auch von Handwerkskunst sowie handwerklicher Kunst. Weithin sichtbar veranschaulicht das Projekt: Ausnahme-Bildhauerin Geugelin legt größten Wert darauf, dass Grenzen zwischen Kunst und Handwerk nicht als starr und unüberwindbar betrachtet werden sollten. Wesentlich besser sei es demnach, offen für neue Perspektiven und Definitionen zu sein. Nur dann könne die Vielfalt und der Reichtum menschlicher Kreativität in all ihren Facetten entdeckt und gewürdigt werden, ist Manuela Geugelin überzeugt.
Infokasten:
Material: 0,6-und-0,4-mm-Titanzink von El-Zinc
Architekt: Stefan Klöber, Klöber Planen, Badenweiler, D.
Dachgauben: Blechnerei-Mai, Bad Krozingen, D.
Gestaltung: ManuG Metallkunst, Manuela Geugelin, Freiburg I. Br., D
www.manug.art
Badische Zeitung,
4. Mai 2024, Rastatt
In Transit, Ausstellung im Bildungshaus St. Bernhard, Rastatt

Main-Post Karlstadt, 18.04.2017
Kreative Kupferwerkstatt Karlstadt im Europäischen Kupfermuseum
